Im Studio von Zuzanna Skiba stieg ich an einem Abend im November 2017 auf einen Worthaufen und las ihn so konzentriert wie schön hinunter. Ich summte zwischen den Worten und sang dann doch ein halbes Lied. 
Aus dem Performance Text:

«

Ein Fuß stand an der Küste und redete mit der Brandung.
Blaaaa blaaaa blaaaa.
Er schrie seine Worte in die stumme Linie am Horizont.
Blaaa blaaa blaa.
Er hatte rote Zehennägel und schien auch sonst sehr schön gewesen zu sein.
Sehr schön gewesen.
Zu sein.
.
An der nordamerikanischen Pazifikküste ist zum sechsten Mal innerhalb von einem Jahr ein menschlicher Fuß angeschwemmt worden.
Ein menschlicher Fuß.
An der nordamerikanischen Pazifikküste ist ein menschlicher Fuß angeschwemmt worden.
Ein Fuß mit roten Zehennägeln.
.
Er stand am Weltrand. Er stand am Weltrand und hat nichts gesehen.
Nichts.
Der Fuß stand an der Küste und redete mit der Brandung.
Laut der Zeitung Vancouver Sun hat die Polizei keine Hinweise, dass der Fuß mit Gewalt abgetrennt worden wäre.
Dort stand er. Am Weltrand. Und er hat nichts mehr gesehen.
Nichts Mehr.
Nichts.
Mehr.
Kein Meer.
.
Sie dichtet täglich zwei drei Zeilen. Dann singt sie sie, damit sie wieder verschwinden.
.
Dank ihr flog sie zum ersten Mal über nachtblaue Wolken.
Sie holte sie am Flughafen in Vancouver ab und sah glücklich aus in ihrem weißen Wollpullover.
Dann standen sie dann am Weltrand, doch da war nichts zu sehen.
Die Nacht brach ein und blieb. Und auch sie blieben dort stehen. Und sie redeten.
Sie redeten und redeten.
Blaaaa blaaa blaaa.
Doch da war nichts zu sehen.
Wort für Wort schöpften sie auf ihre Teller.
Die eine erzählte von Paris. Sie wusste nicht, wer mit ihr da war.
Die andere erzählte von Amsterdam.
Sie wusste aber, wer mit ihr war. Nur den Namen hatte sie vergessen.
Sie waren damit beschäftigt, ihre Spuren zu verwischen.
Sch sch sch sch
.
Es war ein schönes Gefühl, sagte sie.
.
Sch sch sch
.
Ein schönes Gefühl.
.
»

Atelieretage AR_29, Raum 586. Zuzanna Skiba lud befreundete Künstlerinnen und Künstler ein, sich mit einem Beitrag einzubringen. In der Umarmung all der Arbeiten, die sie für ihre Ausstellung ausgewählt hatte, war ich jene lebende Skulptur mit Sprechgesang.

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